WIR LEGEN UNSERE ZAHLEN OFFEN.

WIR LEGEN UNSERE ZAHLEN OFFEN.

EIN AUFRUF, KLEINE MARKEN UND UNABHÄNGIGE KREATIVE UNTERNEHMEN ZU UNTERSTÜTZEN

.. und eine schamlos offene Zusammenfassung aller Kosten für Visionäre, die ein unabhängiges Modelabel aufbauen möchten.

Ein Kommentar unter einem unserer Social Posts hat diese Konversation angestoßen: 

Während alles teurer wird, scheinen die Preise bei kleinen unabhängigen Marken, so wie unserer, ungerechtfertigt hoch. 

Aber sind sie das wirklich? 

Wir sind PAL OFFNER. Wir vertreiben unsere Designs an Händler und Endkunden weltweit. Nach 11 Jahren werden wir unser Modelabel schließen. 

Nicht, weil wir keine Ideen mehr haben, sondern weil wir so nicht mehr wollen. Wenn ein Business es erfordert, dauerhaft 24/7 unter Hochdruck für ein unterdurchschnittliches Gehalt zu arbeiten, dann stimmt entweder etwas mit dem Geschäftsmodell nicht oder es gibt ein strukturelles Problem.

Unsere Marke steht für Authentizität, Wertschätzung, Transparenz und neue Perspektiven. Deshalb möchten wir auch in diesem letzten Schritt transparent sein und einen Blick hinter die Kulissen kleiner Marken und deren Preise gewähren. In der Hoffnung, Verständnis und Wertschätzung für kleine Labels und deren Produkte zu schaffen, damit nicht noch mehr kleine Unternehmen ihre wertvolle, kreative Arbeit aufgeben müssen. Denn wollen wir wirklich in einer Welt leben, in der nur große Ketten übrig bleiben?

Unser Design bedient nicht den Mainstream-Geschmack, innerhalb unserer Nische sind wir jedoch etabliert und haben uns weltweit über die Jahre einen Namen gemacht. Pal Offner ist erhältlich in Boutiquen in New York, Toronto, Osaka, Shanghai, Auckland, Oslo usw. Unsere Produkte stoßen auf reges Interesse. Das Produkt passt zum Markt, nur der Preis oft nicht. 

In diesem Artikel geht es explizit nicht um Schuldzuweisung und darum “Nicht-Käufer” anzukreiden. Dass viele Menschen nicht die finanziellen Möglichkeiten haben, in unserem Preissegment Bekleidung zu kaufen, ist uns mehr als bewusst. Ebenso, dass diese fehlenden Mittel und Möglichkeiten ein Resultat eben jenes Systems sind, das wir versucht haben, mit unserem Unternehmen zu verändern.

Die Kommentare, wie es zu solch hohen Preisen kommt, sind eine berechtigte Frage. 

Unser Unternehmen haben wir vor 11 Jahren über den Einzelhandel aufgebaut. Das hatte den Vorteil, dass wir nur produzierten, was etablierte und erfahrene Händler verkaufen konnten. Zum einen passte dies zu unserer Philosophie keinen Massenmarkt zu bedienen, zum anderen reduzierte es für uns sowohl das finanzielle Risiko als auch die benötigte Darlehenssumme, um das Label überhaupt gründen zu können. Hohe Werbekosten waren nicht nötig.

Während Covid erstellten wir unseren Online-Shop, um den Einbruch des stationären Handels abzufedern. Somit hat unser Geschäftsmodell seither zwei Standbeine mit unterschiedlicher Marge: den Direktverkauf sowie den Verkauf an Händler. 


Es steht und fällt alles mit der Stückzahl – und der Art und Weise, wie und wo man produziert.

Kleine Stückzahlen bedeuten allerhand Aufschläge und eine Umverteilung hoher Entwicklungskosten auf wenige Teile.

Die Entwicklung eines Schnittes kostet rund 360 EUR, das Nähen der Protos und Musterteile 384 EUR. Dabei produzieren wir im Durchschnitt nur etwa 30 Stück pro Design. 

Auf den Meterpreis des verwendeten Oberstoffmaterials kommt ein Mindermengenzuschlag von 30%. Zusammen mit Stoff für Taschenbeutel, Vlieseline, Nähgarn, Knöpfen und Reißverschlüssen - ebenfalls mit Aufschlag - landen wir daher im Schnitt bei reinen Materialkosten in Höhe von 25 EUR.

Genäht werden unsere Kleidungsstücke in kleinen, inhabergeführten Produktionsstätten in Europa. Weil es sich um Kleinstmengen handelt, erfordert jedes Stück viele sorgfältige Arbeitsschritte. Automatisierte Maschinen oder Fließbandarbeit sind hier keine Option – jedes Teil entsteht Schritt für Schritt in echter Handarbeit. Und das braucht Zeit. Die Fertigung, also der Nählohn und ggf. weitere Verarbeitungsschritte wie Färbung, Bügeln, (handgemachte) Veredelung, kostet somit im Schnitt 34 EUR. 

An dieser Stelle kommen die weiteren betrieblichen Kosten hinzu, die nicht direkt dem Produkt zuzuordnen sind: rund 355.000 EUR pro Jahr

  • 254.000 EUR Fixkosten für Raumkosten sowie Personalkosten eines vierköpfigen Teams und 1-2 PraktikantInnen inklusive Arbeitgeberanteil. 

    Die Personalkosten beinhalten die Arbeit für die Designentwicklung und kreative Leistung, das Material Sourcing, Produktionsmanagement, Waren- und Lagermanagement, die Fotoshooting Organisation und Umsetzung, den Vertrieb auf Messen, das Store Management inklusive Verkauf, die Online Shop Pflege, den Kundensupport, das Verpacken und den Versand der Online Bestellungen, Marketing und Social Media Content, sowie die Unternehmensführung (von Finanzplanung bis hin zur strategischen Ausrichtung).  

    Die Gehälter sind somit nicht marktgerecht. Das liegt nicht an mangelndem Willen oder mangelnder Wertschätzung der Arbeit, sondern daran, dass es schlicht nicht aufgeht.
  • 23.000 EUR Das Minimum an Messekosten für den Vertrieb an relevante Händler weltweit. Die Kosten beinhalten die Ausstellerfläche in Düsseldorf und in Paris sowie (sparsame) Reisekosten. 6.700 EUR pro Kollektion für Paris und 4.800 EUR pro Kollektion für Düsseldorf bei 2 Kollektionen pro Jahr.

  • 4.200 EUR Online-Shop Programm inkl. Newsletter-Programm
  • 6.350 EUR Wartungskosten unseres Warenwirtschaftssystems über welches wir die Produktion, das Material- und Warenlager sowie die Finanzbuchhaltung steuern (dieses haben wir zuvor für 48.000 EUR angeschafft).
  • 20.000 EUR Buchführung und Jahresabschluss unserer GmbH
  • 11.000 EUR für Fotoshootings je Kollektion für den Online-Shop und unser Lookbook (dabei werden unser Konzept und unsere Vision von unserer langjährigen Fotografin, Grafik Designerin, Visagistin sowie unseren Models freundlich unterstützt. Kreative unterstützen sich hier gegenseitig, im Gegensatz zu vielen anderen Kostenblöcken, die nicht verhandelbar sind. Aber dieser Exkurs geht für diesen Artikel zu weit …) 
  • 36.000 EUR kommen als weitere variable Kosten hinzu, wie Lizenzen (z.B. um Verpackungsmaterial in den Umlauf zu bringen), Nebenkosten des Geldverkehrs (2,5-4% zahlen wir für eine Kreditkarten- oder PayPal-Zahlung), Verpackungsmaterial und Geschenkbeilage unserer Online-Bestellungen (4,66 EUR/Bestellung), Büroartikel, Zollgebühren, Ausfuhrpapiere, Übernahme eines Teiles der Versandkosten im Online-Handel, um wettbewerbsfähig zu bleiben, notwendige Anschaffungen im Unternehmen, Investitionen in Digitalisierung und Software, um das Unternehmen zukunftsfähig aufzustellen, Versicherungen etc. 

Was bleibt also unterm Strich? 

Die folgende Grafik ist eine Momentaufnahme aus 2024, die Beträge schwanken je nach Entwicklung des Marktes und damit einhergehender Produktionszahlen und Kosten.

Die Grafik zeigt, wie stark der tatsächliche Gewinn je nach Vertriebskanal und den gewährten Rabatten variiert. 2024 verkauften wir im Händlergeschäft, welches nach wie vor den Großteil unserer Produktionsmenge ausmacht, durch geringe Bestellmengen sogar mit Verlust. 

 

Als Fazit lässt sich festhalten: 

Die tatsächlichen Produktkosten sind aufgrund der Art der Herstellung und Materialien gekoppelt mit kleinen Mengen hoch. Die betrieblichen Kosten sind zwar insgesamt betrachtet gering, schlagen jedoch bei kleinen Stückzahlen ordentlich zu Buche. 

Während wir 2023 noch mit einem Plus von 40 TEUR abgeschlossen haben, wurden wir 2024 durch den sich stark verändernden Markt, unter anderem durch den unerwarteten Einbruch des Händlergeschäfts, erstmals seit Gründung mit einem Minus konfrontiert. 2025 festigt sich der Trend, ohne Aussicht auf Besserung. Inflation, steigende Produktionskosten und politisch-wirtschaftliche Unsicherheiten bei Händlern und Endkonsumenten verschärfen sich.

Sechs Jahre lang haben wir alle Bereiche des Unternehmens zu zweit gestemmt. Dann haben wir es uns erstmals geleistet eine Halbtagsstelle zu besetzen und im siebten Jahr eine Ganztagsstelle, kurz bevor wir beide gleichzeitig das erste Kind erwarteten und nicht mehr 24/7 Energie und Zeit für unser Label da war. 

Mit Herzblut haben wir am Ende insgesamt 11 Jahre lang alles an Kraft, die uns zur Verfügung steht, in unser Unternehmen PAL OFFNER gesteckt – ebenso unsere MitarbeiterInnen. Weil wir daran glauben, dass Kleidung die Vielfalt der spannenden Persönlichkeiten auf unserer Welt sichtbar macht und zugleich verhindern kann, dass Berge von Textilmüll entstehen. Durchaus ein ideeller Anspruch ohne reinen Fokus auf Profit. 

Unsere hochpreisigen Produkte bedeuten nicht, dass wir uns persönlich bereichern – auch wenn das oft vermutet wird. Denn die Arbeit und das Investment in eine Kollektion was Entwicklung, Produktion und Vertriebsaktivität angeht ist die gleiche, ob man am Ende insgesamt 2.000 Teile einer Kollektion produziert oder 20.000 Teile. Wir sind stolz, das alles mit einem so kleinen Team gestemmt zu haben.

Du fragst dich, warum wir nicht die 20.000 Teile produzieren? Warum wir es nicht “geschafft” haben?

Ja, im Direktverkauf wäre unsere Marge gut – sofern wir einen Großteil der Ware unrabattiert verkaufen.

Um den Direktverkauf jedoch zu skalieren, kommt man als kleines Unternehmen schnell an die Liquiditätsgrenze: Es braucht eine große Vorleistung und ein hohes Risiko, um sich die nötige Ware aufs Lager zu legen sowie in Werbung zu investieren und schnell ausreichend Kundschaft zu erreichen. Für organisches Wachstum bleibt keine Zeit. 

Hier stellten wir uns jüngst auch die ethische und gesellschaftliche Frage: Wollen wir überhaupt Zehntausende von Euro in Meta & Co. stecken, um Werbung zu schalten und diese Unternehmen direkt subventionieren?

Und warum will man so unglaublich viel produzieren? Wie gehen wir global mit Textilien um? Wie viel wird weggeworfen? Wie viel wird produziert und warum? Wie wird vermarktet und wer profitiert davon? Wem kommt der Profit bei riesigen Konzernen (sei es Fast-Fashion oder Luxus) zugute? Warum erscheinen uns die Preise von Fast-Fashion Marken so selbstverständlich? Wenn man einmal versteht, wie viel Handarbeit und Ressourcen in ein Kleidungsstück fließen, wie kann es dann sein, dass ein Kleid 20 EUR kostet? Was bedeutet das für die Rohstoffe, Löhne und Umstände der an der Produktion Beteiligten und der dabei genutzten Ressourcen?

 

Die Frage also, auf die alles hinausläuft, lautet: Will man an diesem System teilhaben oder nicht? 

Wir haben uns mit PAL OFFNER dazu entschieden, einen anderen Weg einzuschlagen. Er steht für Werte und eine Vision, die Modebranche nachhaltig zu verändern und stets eine Konversation zu starten. Deshalb treten wir auch jetzt in den Dialog. Vielleicht können wir hiermit den Weg für andere unabhängige Labels ein wenig ebnen.

Wir hoffen, dass wir mit unserer Transparenz einen anderen Blick auf die Herausforderungen, sowie die Preise kleiner, inhabergeführter Marken ermöglichen. Unabhängig davon, in welchem Preissegment sie sich generell bewegen. Wenn wir bei einer kleinen Gruppe an LeserInnen eine neue Perspektive eröffnen und die gesellschaftliche Relevanz kleiner Marken und Händler durchdringt, dann haben wir mit den Hintergründen um die Schließung unseres Unternehmens sehr viel erreicht.

DANKE, DASS DU EIN TEIL UNSERER GEMEINSAMEN PAL OFFNER REISE BIST.

SICHERE DIR DEINE LETZTEN LIEBLINGS-DESIGNS.


 

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